Warum Martin Schulz die Menschen besser erreicht

Um einen Anfang für die Begründung zu finden schauen wir uns erstmal die momentane Stimmung in Deutschland an. Die Statistiken sagen uns geht es so gut wie nie zuvor. Statistisch ist diese Aussage vermutlich auch richtig. Aber wenn die Menschen nicht so fühlen, dann nützt alle Statistik nichts.

Die Menschen haben Angst davor weniger zum Leben zu haben als jetzt. Sie haben Angst um ihre persönliche Sicherheit. Und Sie haben Angst, dass einfach so weiter gemacht wird wie bisher. Kanzlerin Angela Merkel steht in den Augen vieler Wähler für „einfach weiter so“.

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Michael Weiss CC-BY-SA 2.5

 

 

Martin Schulz steht für Bewegung und Veränderung. Das Bild vom Schulzzug der mit hoher Energie Richtung Kanzleramt fährt symbolisiert und verbreitet die Hoffnung auf Bewegung noch.

Schulz gibt den Wählern Hoffnung und Zuversicht und die Fähigkeit Menschen mit zunehmen und zu begeistern ist für eine Führungspersönlichkeit eine sehr wichtige Fähigkeit. Und auch hier besteht wieder ein starker Kontrast zu Angela Merkel die eher im Hintergrund wirkt und andere sprechen lässt.

Martin Schulz versucht die Agenda 2010 zu reformieren nicht sie abzuschaffen und das ist richtig so. Im Groben war die Agenda 2010 genau richtig, aber die Fehler liegen in Details wie den ALG 1 Bezugszeiten oder der mangelnden Förderung und den oft sehr schlechten Jobcentern.

Martin Schulz steht für Europa. Er weiß, dass in Zukunft unsere Sicherheit und unserer Wohlstand  nur bewahrt werden kann, wenn Europa zusammenhält. Ein Deutschland in der Welt das versucht alleine für seine Interessen zu kämpfen ist verloren. Deutschland kann nur gemeinsam mit Europa seine Werte und Interessen in der Welt durchsetzen und das auch unabhängiger von den USA.

Die Kritiker von Martin Schulz werfen ihm fehlende Inhalte vor. Er hat sich bisher selber nicht zu allen Themen geäußert  und zu vielen auch nur sehr rudimentär, aber das kommt noch. Ich bin mir ziemlich sicher es werden sehr sozialdemokratische Positionen sein. Was seinen Kritikern aber fehlt ist eine Idee wie eine zukünftige Gesellschaft aussehen soll und das ist ihr Problem. Ich sehe das nicht unbedingt so, allerdings empfinden viele Wähler stark vereinfacht so. Die CDU verliert weil sie für heute steht. Die Grünen stehen für ein heute in Grün und veggie. Die Linke steht für Planwirtschaft und alle gleich arm. Die FDP steht für die Reichen und die AfD steht für ein Deutschland zu Opas Zeiten. Das waren die Gedanken vieler Wähler sehr stark vereinfacht und tut vielen Parteien auch unrecht, aber so ist es nun mal.

Und persönliche Angriffe gegen einen Politiker verbieten sich von selbst, wenn man etwas Anstand hat. Und die aufmerksamen Wähler merken auch, dass solche Angriffe lächerlich und ein Ausdruck von Verzweiflung sind.

Die Wähler haben das Gefühl das der Bücherverkäufer und Ex-Fußballer viel mehr einer von ihnen ist, als die Diplom-Physikerin die zurzeit im Kanzleramt sitzt. Ein weiterer Pluspunkt der Sympathie schafft ist er lächelt und macht Witze. Angela Merkel zeigt ihren Humor meist nur in kleiner Runde und nur wenn wenig Medienvertreter anwesend sind.

Alles in allem beruht der Vorteil von Martin Schulz vor allem auf psychologischen Faktoren und Emotionen. Wofür er genau steht muss er jetzt definieren und wenn ihm gelingt Emotionen mit überzeugenden Positionen zu vereinen, stehen seine Chancen sehr gut.

Warum Donald Trump so „scharf“ auf einen Konflikt mit China ist?

Donald Trump hat richtig erkannt, dass China langfristig die größte, äußere Bedrohung für die USA ist. Wenn China nicht durch seine eigenen demographischen, ökologischen oder wirtschaftlichen Risiken stark ins Stolpern gerät wird es der größte Herausforderer der USA werden. Russland hat zwar ein großes Potenzial an sogenannter Hardpower, also vereinfacht ausgedrückt Panzer und Soldaten, es fehlt aber eine starke wirtschaftliche Basis und Softpower. Mit Softpower werden weichere Einflussfaktoren bezeichnet, dazu gehören beispielsweise die Marktattraktivität, ideologische Anziehungspunkte, Wohlstandsniveau oder Bildungsangebote. In einem Zeitraum der zwanzig Jahre vermutlich übersteigt wird China zur größten Bedrohung von außen für die Vormachtstellung der USA werden.

Donald Trump versucht die USA jetzt schon für diesen Konflikt in Stellung zu bringen. Er versucht den Vorteil der USA zu nutzen solange er noch besteht. Dabei verkennt er allerdings, dass einer der größten Vorteile der USA im pazifischen Raum ihre Attraktivität für alle Partnernationen von Japan über die Philippinen bis hin zu Australien und Neuseeland ist. Noch scharen sich diese Nationen um die USA und suchen bei ihr Schutz und verstärken damit die Überlegenheit der USA im pazifischen Raum um ein Vielfaches. Das könnte und wird sich ändern, wenn die USA keine Anreize mehr bieten (Beendigung TPP) oder die stärkere Konfrontation mit China suchen.

Die Partnernationen im Pazifik suchen Schutz bei den USA, weil sie keinen offenen Konflikt mit China wünschen der sich negativ auf ihre vor allem wirtschaftlichen Interessen auswirkt. Nur die Anrainerstaaten des südchinesischen Meeres und Japan und Südkorea suchen die USA noch aus dem Grund, dass sie alle noch offene Konflikte haben, bei denen sie auf die USA angewiesen sind oder die USA ihre Überlegenheit sichern. Die Anrainer des südchinesischen Meeres haben Konflikte mit China, Japan hat offene Konflikte mit China und Russland und Südkorea hat einen offenen Konflikt mit Nordkorea. Die Staaten die offene Konflikte mit China haben möchten diese Konflikte nicht weiter verschärfen und werden eine Zuspitzung der Konflikte nur mittragen, wenn ihre Positionen garantiert werden. Allerdings alleine werden sie ihre Interessen gegenüber der Volksrepublik China auch nicht durchsetzen können, vielleicht gemeinsam in einer Art NATO für den Pazifik. Historisch wäre das etwas noch nie Dagewesenes mit durchaus Chance auf Erfolg, wenn es richtig gemacht wird.

Donald Trump treibt den Konflikt mit China außerdem voran, weil er es im Wahlkampf versprochen hat. Er geht davon aus das eine Begrenzung der Importe aus China in den USA Arbeitsplätze schafft. Das kann so sein, ist aber eher unwahrscheinlich und wenn dann steigen die Produktkosten. Wahrscheinlicher ist, dass die Produkte dann in Vietnam oder Bangladesch gefertigt werden und einfach eine Auslagerung aus China stattfindet, die schon stattfindet dann nur weiter beschleunigt wird.

Die USA könnten auch viele der Produkte aus China gar nicht ersetzen. Erstens wären riesige Investitionen notwendig um die dafür benötigte Industrie aufzubauen und zweitens braucht eine solch gewaltige Umstrukturierung der Wirtschaft Zeit, jede Menge Zeit.

Das gefährliche daran ist, dass sich Donald Trump und seine Anhänger jetzt im Zugzwang sehen. Ohne jetzt gleich den Teufel an die Wand malen zu wollen, aber Frankreich und Deutschland befanden sich 1914 ihrer Auffassung nach in einer ähnlichen Situation gegenüber Russland. Deutschland hatte Angst, dass seine Gegner bald zu stark wären und damit ein Sieg unmöglich und Frankreich hatte Angst, dass Russland bald Frankreich nicht mehr braucht und Frankreich damit alleine gegen Deutschland steht. So schlimm wie damals wird es wohl nicht kommen. Da vieles auch anders ist, die Gefahr für übereiltes handeln besteht dennoch.

Obamas Chinastrategie war ruhiger, sanfter und weniger konfrontativ. Obamas Fokus lag auf der Einbindung aller potenziellen Konfliktgegner Chinas in ein System kollektiver Sicherheit. Er kam aber nicht über die Anfänge eines solchen Systems hinaus, das Fundament dieses Systems ist noch lange nicht fertig gegossen und braucht jetzt mehr Beton. Wenn das System fertig gebaut ist funktioniert auch die weitere Eindämmung Chinas, dass ist allerdings keine Lösung des Problems das Trump sieht. Trump denkt China muss jetzt aufgehalten werden und amerikanische Arbeitsplätze gerettet werden. Ein doppelter Gewinn für Donald Trump,  von den Kosten redet er nicht.

Ob Donald Trump Erfolg mit seiner China Strategie hat, liegt vor allem daran wie weit er bereit ist zu gehen. Wenn er bereit ist die Krim und Syrien Russland zu überlassen, könnte er mit Vladimir Putin als neuen Verbündeten bzw. Partner China kalt erwischen und in Unterlegenheit bringen. Ähnlich wie Präsident Nixon es damals mit China gegenüber der Sowjetunion getan hat. China und Russland haben einige ungelöste und sehr lange bestehende Konflikte die wir im Westen gerne vergessen, weil unser Kollektivbewusstsein weniger langfristig ist als das der Chinesen und Russen.

Vielleicht ändert Donald Trump die Ausrichtung seiner Chinapolitik auch nochmal und er brauchte jetzt nur eine Findungsphase. Die Zukunft wird es am Ende zeigen.

 

Literaturempfehlung zum Thema China: Länderbericht China der Bundeszentrale für politische Bildung.

Sigmar Gabriels Rückzug und Martin Schulz als Kanzlerkandidat

Kurzfassung worum geht es: Sigmar Gabriel möchte als Parteichef zurücktreten und nicht als Kanzlerkandidat antreten, diese Posten soll Martin Schulz übernehmen. Gleichzeitig möchte er das Wirtschaftsministerium an Brigitte Zypries abgeben und ins Außenministerium wechseln.

Meine Meinung dazu: Der Verzicht als Kanzlerkandidat war eine gute Entscheidung. Die SPD wird in großen Teilen der Bevölkerung als Ursache für die schlechte Lage Deutschlands gesehen und auch in der eigenen Partei ist er umstritten. Er hat den Ruf, ob berechtigt oder nicht, ein Wendehals zu sein. Sigmar Gabriel werden keine eigenen Positionen zugeordnet und wenn doch wie in der Rüstungspolitik, kommt es immer wieder zu Meldungen die, ob berechtigt oder nicht, seiner Glaubhaftigkeit schaden. Als Teil der großen Koalition könnte er dem Wähler auch nur schwer vermitteln, wieso gerade er für einen Neuanfang und gegen Angela Merkel steht. Für Martin Schulz ist das leichter. Er hatte bisher nichts mit Berlin zu tun und hat im Gegensatz zu Sigmar Gabriel ein Profil.

Meiner Meinung nach war Gabriel gar kein so schlechter Parteichef. „Basta“ Wie ein Gerhard Schröder es gesagt hätte ist nicht sein Stil. Stattdessen hat er immer versucht zwischen den Parteiflügeln zu vermitteln. In der TTIP Debatte hat er in der SPD eine sachliche Diskussion stattfinden lassen und dabei erklärt warum er für TTIP ist und nicht gesagt: „Basta wird sind jetzt für TTIP.“ Einige mögen ihn das als mangelnde Führungsschwäche auslegen, ich würde aber eher sagen es ist einfach ein anderer Führungsstil.

Der Parteivorsitz wird in der Politik und den Medien häufig mit der Kanzlerkandidatur verknüpft. Ich kenne die Argumente dafür und halte einige der Argumente für plausibel andere für weniger plausibel. Klar stärkt der Parteivorsitz den Kanzlerkandidaten und stellt die Partei hinter den Kandidaten, schafft aber auch einige zusätzliche Aufgaben für den Kanzlerkandidaten. Ich wäre dafür, dass Gabriel dieses Amt weiterführt. Einerseits weil er gar kein so schlechter Parteichef war und andererseits halte ich ihn nicht für einen guten Außenminister.

Ein Außenminister muss Stratege sein und das ist Gabriel nicht, zumindest hat er es meiner Einschätzung nach nie gezeigt. Gabriel ist ein Kommunikator, das ist auch eine wichtige für dieses Amt, aber nicht die Wichtigste. Das kommunizieren kann er auch seinen Diplomaten überlassen dafür sind sie da! Nur zu ganz besonderen Anlässen sollte ein Außenminister selber die Kommunikation übernehmen, ansonsten sollte er sich vor allem um die Gestaltung und Ausführung einer diplomatischen Strategie kümmern. Ich weiß mit Strategie haben wir es nicht mehr so, aber genau deshalb brauchen wir umso dringender wieder gute Strategen.

Das Wirtschaftsministerium soll Brigitte Zypries wohl übernehmen. Sie hat Erfahrung mit der Arbeit in Ministerien. Sie hat quasi ihre gesamte Laufbahn im öffentlichen Dienst zugebracht. Von daher kann man diese Entscheidung nachvollziehen.

Zusammenfassung:

Schulz als Kanzlerkandidat positiv

Gabriel tritt als Parteichef zurück neutral bis negativ

Gabriel wird Außenminister negativ

Zypries als Wirtschaftsministerin neutral bis positiv

Wie kam es zu Erdogans Umschwung zur Diktatur?

In diesem Teil der Reihe „Politische Fragen und Antworten“ möchte ich mehrere Fragen beantworten.

  1. Wann begann der Wechsel in der Politik Erdogans?
  2. Was macht den Wechsel aus?
  3. Was sind die Gründe für den Wechsel?

Ich werde versuchen auf alle drei Fragen zu antworten. Politik ist oft hochkomplex und deshalb lässt sich einiges nicht genau an einem Punkt fixieren.

Wann begann der Wechsel in der Politik Erdogans?

Bis ungefähr 2009/2010 setzte Erdogan die pro-europäische Politik seiner Amtsvorgänger fort.  Er eröffnete zwar die Beitrittsverhandlungen zur EU, diese kamen dann 2009/2010 ins Stocken, weil die Türkei sich weiterte türkische Häfen für Schiffe aus Zypern zu öffnen.

Was macht den Wechsel aus?

Innenpolitisch führte Erdogan anfangs einige Demokratisierungen durch und stärkte die Menschenrechte. Er schaffte 2004 die Todesstrafe ab.  Seit 2012 setzt er sich für ihre Wiedereinführung ein, schaffte es Foltervorfälle in türkischen Gefängnissen zu reduzieren und stärkte die Meinungsfreiheit.

Seit ca. 2010 nehmen in der Türkei, durch die AKP und Erdogan forciert, die Tendenzen zu eine Diktatur zu errichten.  Den Punkt der Todesstrafe haben wir schon besprochen nach dem Putschversuch in 2016 soll die Todesstrafe unbedingt wieder eingeführt werden, bisher noch ohne Erfolg.

Seit 2011 gibt es in der Türkei Internetsperren, im Lauf der Jahre wurden die Sperren ausgeweitet. Allgemein ist es um die Medienfreiheit in der Türkei mittlerweile sehr schlecht bestellt. Viele Zeitungen wurden geschlossen, Journalisten verhaftet und Plattformen wie YouTube sind nicht mehr erreichbar. Mittlerweile ist die Türkei  auf Platz 151 von 180 der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen.  Die Türkei befindet sich damit auf einem Niveau wie Russland oder der Irak. Die Beziehungen zu den Kurden innerhalb der Türkei verbesserte er nachhaltig, erlaubte ihre Sprache an Schulen, erlaubte kurdische TV-Programme und es schien als könnte es einen dauerhaften Frieden geben. Das sieht mittlerweile anders aus. Die Kurden werden wieder unterdrückt und die PKK hat den bewaffneten Kampf wieder aufgenommen. Beide Seiten bezahlen den Kampf mit viel Blut, vor allem dem Blut von Zivilisten.

Der vermutlich stärkste Wechsel fand im Bereich der Unabhängigkeit des Staates gegenüber dem Islam bzw. Religionen allgemein statt. Die Türkei in Tradition seit ihrer Staatsgründung durch Kemal Atatürk laizistisch ausgerichtet, veränderte sich und der Islam bekam ab ca. 2010 immer mehr Einfluss. In politischen Reden wurde immer mehr auf religiöse Rhetorik zurückgegriffen. Das Kopftuchverbot, ein Symbol für die Trennung von Staat und Kirche, wurde gelockert.

Außenpolitisch hat sich auch ein Wandel eingestellt, fangen wir auf einem Nebenschauplatz an in Armenien. Anfangs setzte sich Erdogan für eine Verbesserung der Beziehungen zum Nachbarland ein. Mittlerweile sind die Beziehungen eher wieder frostig geworden. Oder bei diesem Schnee lieber anders formuliert, sie sind richtig heiß gelaufen durch die wieder aufgetreten Konflikte. Die Türkei weigert sich vehement den Völkermord an den Armeniern anzuerkennen. Erdogan ließ 2014 sogar das Menschlichkeitsdenkmal in der Stadt Kars abreißen, dessen Zweck die Versöhnung zwischen Türken und Armeniern sei.

Die Beziehungen zur europäischen Union waren anfangs sehr positiv und die Türkei schien auf einem guten Weg. Das änderte sich als die Verhandlungen ins Stocken gerieten. Was einerseits auf die Türken zurück zu führen ist andererseits auch auf die EU, die die Verhandlungen aus inneren Gründen sehr in die Länge gezogen hat. Die Türken fühlten sich dadurch verständlicherweise etwas sagen wir mal an der Nase herum geführt. Das führte mit zu dem jetzigen Umschwung, dazu später mehr.

Die Position der Türkei innerhalb der NATO ist eine Außenseiter Rolle. Einerseits wird die Türkei gebraucht aufgrund ihrer geopolitischen Lage, andererseits werden ihre Abenteuer in Syrien und Irak, sowie ihre Nähe zu Diktatoren wie Omar al-Baschir als kontraproduktiv gesehen. Wie lange sich die USA und die anderen NATO-Partner das noch gefallen lassen ist eine interessante Frage. Die NATO braucht die Türkei aus folgenden Gründen. Die Türkei kontrolliert die Dardanellen und damit den Zu- und Ausgang des Schwarzen Meeres und die Türkei liegt nahe an den momentanen Einsatzgebieten der NATO. Momentan herrscht in Syrien und im Irak in großen Teilen ein Machtvakuum, dass sich verschiedene Staaten zunutze machen wollen, Russland, Iran, Türkei und Saudi-Arabien sind nur einige davon. Zusätzlich gibt es noch Gruppen die bisher keinen Staat haben wie z.B. die Kurden oder islamische Gruppierungen. Wenn die Türkei den Rückhalt in der NATO komplett verliert oder sogar vor die Tür gesetzt wird, aufgrund ihrer oft kontraproduktiven Haltung, dann würde sie ihren Schild verlieren und auf einmal angreifbar werden. Sie könnte ihre momentan so aggressive Haltung nicht weiter fortführen.

Was sind die Gründe für den Wechsel?

Die Türkei gehört zu den wenigen Staaten im islamischen Kulturkreis die eine eigen Nationalität gebildet haben. Dabei sieht sie sich in Nachfolgerschaft des osmanischen Reiches. Erdogan bezieht sich in seinen Reden mittlerweile öfter auf das osmanische Reich wie in diesem Textbeispiel:

„Wir werden nicht Gefangene auf 780.000 Quadratkilometern sein. […] Unsere Brüder auf der Krim, im Kaukasus, in Aleppo und Mossul mögen jenseits der physischen Grenzen sein, aber sie sind innerhalb der Grenzen unserer Herzen.“

Diese Äußerung darf man nicht überbewerten. Ich sehe darin vorläufig keinen Anspruch das osmanische Reich wieder zu errichten, sondern eher den Versuch die Türken außerhalb der Türkei stärker an Erdogan und die Türkei zu binden. Das kann sich aber allerdings ändern wenn die Türkei stark an Macht gewinnen würde, aber erstens bezweifle ich das und zweitens vergeht bis dahin noch sehr viel Zeit, wenn es überhaupt eintritt.

Die Orientierung an der Vergangenheit vor Staatsgründung hat mehrere Gründe. Die Türkei und Erdogan gingen anfangs den Weg der Annäherung an die europäische Union. Die Europäer zögerten aber und verspielten damit die dauerhafte Bindung der Türkei an Europa und seine Werte.

Erdogan war hier in einer Sackgasse gelandet und orientierte sich um. Sein neues Ziel, die Türkei soll Führungsmacht in der islamischen Welt werden. Der Türkei fehlen dazu ein paar Grundvoraussetzungen. Die Türken werden von den Arabern, als Türken gesehen nicht als Araber das führt zu Konflikten und macht eine Unterordnung schwierig. Des Weiteren war die Türkei kein islamischer Staat und ist es auch noch nicht und als letztes fehlen der Türkei ganz einfach die Macht und der Einfluss. Erdogan arbeitet an allen Punkten parallel.

Eventuell werden ihn jetzt erstmal wirtschaftliche Schwierigkeiten ausbremsen, ob sie ihn aufhalten können wird sich zeigen. Es gibt aber noch genug andere Steinchen über die er stolpern kann. Wie es mit der Türkei weitergeht wird eine der interessantesten Entwicklungen in den nächsten 5 Jahren.

Der Vergleich: Otto von Bismarck und Vladimir Putin. Wo sind die Gemeinsamkeiten wo die Unterschiede?

Heute möchte ich zwei Politiker unterscheiden, die in ihrem Äußeren nicht unterschiedlicher hätten sein können. In Ihrem Politikstil aber einige Ähnlichkeiten aufweisen.

Fangen wir mit den Anfängen beider Politiker an. Wenn man der Autobiographie Vladimir Putins glauben kann (etwas das umstritten ist), dann ist Putin Sohn eines Fabrikarbeiters und Soldaten im Großen Vaterländischen Krieg und einer Fabrikarbeiterin aus Leningrad.

Otto von Bismarck ist dagegen adliger Abstammung und Sohn des Rittmeisters Ferdinand von Bismarcks und seiner Ehefrau Luise Wilhelmine Mencken. Die Familie Mencken brachte hohe Beamte und Gelehrte hervor.

Bismarck genoss für einen Landedelmann eine hervorragende Bildung, ein Verdienst seiner Mutter die mehr für ihre Söhne wollte.

Über Putins Bildungsweg ist nicht viel bekannt interessanterweise studierten beide Jura bzw. Rechtswissenschaften.

Putin arbeite nachdem Studium für den KGB im Bereich Auslandsspionage bevor 1990 eine zivile Laufbahn als Berater von Anatoli Sobtschak später Bürgermeister von St. Petersburg.

Otto von Bismarck leistete als Einjährig Freiwilliger seinen Dienst beim Garde-Jäger-Bataillon ab, später wechselte er zum Jäger-Bataillon Nr. 2. Danach wurde er Landwirt, nicht gerade eine Tätigkeit die man dem späteren Kanzler zugetraut hätte, aber er war sehr erfolgreich darin und erwarb wichtige betriebswirtschaftliche Kenntnisse. Seine ersten politischen Tätigkeiten waren in der Kommunalpolitik ab 1845 war er Mitglied des Provinziallandtages der Provinz Pommern.

So kommen wir nun zum eingemachten, zu ihren Ähnlichkeiten und Unterschieden während der Blüte ihrer Tätigkeit.

Beide versuchten bzw. versuchen eine Weltordnung zu beseitigen. Bismarck beseitigte die Weltordnung „Metternich“ die nach dem Wiener Kongress entstanden ist. Putin beseitigte mehr oder weniger die Post-Kalter-Krieg Weltordnung in der die USA als einzige Weltmacht angesehen wurden. Putin schaffte es den USA Grenzen zu setzen. In Syrien konnte Präsident Obama seine rote Linie den Einsatz von Chemiewaffen nicht durchziehen. Stattdessen einigte man sich auf ein gesichtswahrendes Abkommen. In dem Assad sich verpflichtete alle Chemiewaffen zu vernichten.

Für Bismarck war das System Metternich einfach im Weg zur deutschen Einigung. Die deutsche Einigung war Bismarcks großes Ziel. Bismarck glaubte mit der deutschen Einigung wäre Deutschland stark genug um zu überleben. Das war Bismarcks Selbstbegrenzung, die seine Nachfolger später aufgegeben haben mit bekannten Folgen.

Putin sowie auch seine Vorgänger das zieht sich bis ins 18. Jahrhundert durch fühlten sich immer bedroht. Hatten immer eine Angst vor der Einkreisung. Die Lösung war dafür Expansion in alle möglichen Richtungen.

Beide sind Realpolitiker die knallhart analysieren was möglich ist. Für beide ist Macht die Grundlage einer Aktion. Legitimität spielt nur eine untergeordnete Rolle und dient höchstens zur Rechtfertigung und Verschleierung nach innen und außen.

Beiden ist völlig egal mit wem sie zusammenarbeiten ob Demokratie oder Autokratie. Partner ist wer nützlich ist. Putin würde, wenn es ihm hilft, sogar mit den USA zusammenarbeiten siehe Kampf gegen den IS. Bismarck würde sogar mit Frankreich zusammenarbeiten wenn sich dafür eine Gelegenheit böte. Frankreich allerdings nach 1871 nicht mehr. In Frankreich herrschte ab 1871 nur noch der Gedanke an Rache. Nach der französischen Revolution hatte Frankreich den Anspruch zum Schutze der Revolution müsse die ganze Welt „befreit“ werden. Man versuchte es und scheiterte daran. Frankreich erwähne ich hier als Gegenbeispiel zu Deutschland/Preußen und Russland unter Putin.

Es bleiben eine Menge Ähnlichkeiten und mindestens genauso viele Unterschiede. Wie erfolgreich Putin am Ende ist wird die Geschichte von morgen zeigen. Bismarcks Erfolge waren zu groß für seine Nachfolger, zu komplex, das Gleichgewicht der Mächte zu genau abgemessen. Es kippte sehr schnell zu Ungunsten Deutschlands und Deutschland stand allein mit Österreich da.

Die Kandidaten zur Oberbürgermeisterstichwahl Celle im Vergleich

Zur Stichwahl am 25.09.2016 verbleiben noch zwei Kandidaten einmal der amtierende Oberbürgermeister Dirk-Ulrich Mende (SPD) und sein Gegenspieler Dr. Jörg Nigge (CDU). Beide lagen bei der Oberbürgermeisterwahl am 11.09.2016 nur wenige Stimmen auseinander und keiner konnte eine Mehrheit für sich beanspruchen.

Ich selber bin SPD Mitglied werde die beiden trotzdem sachlich und fair vergleichen. Fangen wir also an.

Die Lebensläufe

Mende

Herr Mende hat sein Abitur gemacht und danach Jura studiert.

Herr Mende hat danach vor allem in der Verwaltung gearbeitet unteranderem als

Abgestellter beim Regierungspräsidenten in Kassel,

beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge in Nürnberg

beim Landeswohlfahrtsverband Hessen

in der Landesversicherungsanstalt in Lübeck. Dort wurde er als Beamter in den höheren Dienst berufen.

1993 wechselte er in das Sozialministerium nach Hannover

1997 übernahm er als Landesgeschäftsführer der SPD die Landtagsfraktion in Niedersachsen.

Unter der CDU/FDP-Regierung war er ab 2003 im Innenministerium tätig. Er arbeitete dort zuerst an der Umstrukturierung der Bezirksregierungen

Anschließend als Referatsleiter für  Integration von Migrantinnen und Migranten auf dem Arbeitsmarkt.

Seit 2009 Oberbürgermeister in Celle

Dr. Jörg Nigge

Dr. Nigge hat sein Abitur am HBG in Celle gemacht und hat dann an der Bundeswehruniversität in Hamburg im Fach Wirtschaftswissenschaften promoviert.

War als Pilot und Offizier bei der Bundeswehr eingesetzt.

Außerdem war er als für die Stadt Hamburg im Bereich Stadtentwicklung in der Abteilung 42 Projektentwicklung tätig.

 

Soviel zu den einzelnen Punkten. Was erkennbar ist beide haben Erfahrung in der Verwaltung. Der eine aufgrund seines Alters natürlich mehr. Außerdem hat Herr Mende quasi seine ganze Lebenszeit in der öffentlichen Verwaltung zugebracht. Das ist vom Vorteil kann aber auch ein Nachteil sein. Dr. Nigge hingegen hat bevor er in die öffentliche Verwaltung ging Dienst bei der Bundeswehr kennen lernen. Er hatte dadurch die Möglichkeit andere Arbeits- und Sichtweisen kennen zu lernen.

Welches Studium eignet sich für die öffentliche Verwaltung besser Jura oder Wirtschaftswissenschaften?

Um ehrlich zu sein keins von beiden. Beide haben ihre Vorteile.

Ein Jura Studium beschäftigt sich mit Gesetzen, Rechtsverordnungen und dem ganzem Kram. Also genau dem was der Verwaltung als Grenzen und Rahmen ihrer Arbeit dient. So richtig dies ist. Ist es aber genau auch das was die Verwaltung zu 50-70% an der Umsetzung ihrer Ziele hindert oder sie verzögert. Jemand der sich genau da auskennt hat einen Vorteil, allerdings fehlt ihm anderes Fachwissen was er ergänzen muss durch lernen und/oder Berater.

Ein Wirtschaftsstudium beschäftigt sich dagegen nun ja mit Wirtschaft welch eine Überraschung. Das eine wirtschaftlich gute Lage der Motor für eine erfolgreiche Stadtentwicklung sein dürfte ist denke ich allen klar. Dafür fehlt hier anderes Fachwissen vor allem Verwaltungsrecht.

Fazit: Jeder hat seine Stärken und Schwächen die er ausgleichen muss. Wer darin besser ist gute Frage. Das müssen die Celler am Sonntag entscheiden. Es wird aufjedenfall spannend  und ich rufe nochmal alle Celler auf zu wählen. Immerhin wird der Oberbürgermeister dieses Mal für 10 Jahre gewählt. Also geht wählen Bürger der Stadt Celle.

Meine Erfahrungen als Wahlhelfer bei der Kommunalwahl in Celle 11.09.2016

Gestern war der 11. September das ist vielen Gründen ein besonderer Tag. Einmal ist der Anschlag auf das World Trade Center 15 Jahre her, für mich ein besonderer Tag den ich nie vergessen werde… Wie ich ihn damals erlebt habe? Hier auf Facebook einen kleinen Einblick.

Des Weiteren wurde ich als Wahlhelfer zur Kommunalwahl in meiner Heimatstadt Celle verpflichtet. Na gut ich gehörte zu den ca. 3 Freiwilligen Wahlhelfern.

Eingewiesen wurde ich als stellvertretender Schriftführer bereits am Donnerstag. Auf der Infoveranstaltung für die Schriftführer lernte ich gleich die Schriftführerin für meinen Wahlbezirk kennen. Für die anderen Positionen gab es separate Infoveranstaltungen (Wahlleiter z.B. am Montag).

Nach der Veranstaltung die ca. eine Stunde dauerte war in der Theorie auch alles klar.

Also weiter geht’s um 7:30 treffen im Wahllokal. Bis zur Eröffnung um 8 Uhr wurden dann die letzten Vorbereitungen erledigt und gehofft das die Wahlhelfer die noch nicht eingetroffen waren doch noch ihren Hintern ins Wahllokal bewegten. Dem war natürlich nicht so und es fehlten dann gleich drei Wahlhelfer. Für mich hieß es dann erstmal wieder nach Hause und gegen Mittag wiederkommen.

Ich war dann zur vereinbarten Ablösezeit wieder da und glücklicherweise hatte uns die Stadtverwaltung noch eine Mitarbeiterin zur Unterstützung geschickt die eigentlich Wochenende hatte.

Die eigentliche Arbeit, dass Ausgeben der Stimmzettel sowie das vermerken im Wählerverzeichnis, ging einfach von der Hand. Diejenigen die zu dieser Zeit gefordert waren, waren die Wähler. Es gab 4 Stimmzettel mit Oberbürgermeisterwahl, Kreistagswahl, Stadtratswahl und Ortsratswahl mit insgesamt 10 Stimmen. Eine Stimme konnte bei der OB-Wahl vergeben werden bei den anderen jeweils 3 Stimmen.

Das forderte den Wählern viel ab und so bestand auch einiger Erklärungsbedarf und das Wählen hat auch dementsprechend lange gedauert. So kam es vor allem zur Mittagszeit und auch immer wieder zwischendurch zu kleineren Staus.

Früh ließ sich erkennen das für eine Kommunalwahl auch eine Wahlbeteiligung nicht allzu viel erschien.

Irgendwann ging es dann ans Auszählen wir hatten groß überschlagen ca. 4000 Stimmen in zwei Wahlurnen zu zählen, da in eine selbst mit zwischenzeitlichen Stopfen nichts mehr rein ging.

So zählten wir nacheinander die Wahlen aus und gaben die Ergebnisse ans Rathaus weiter. Als wir bei der Ortsratswahl ankamen stand schon das vorläufige „Ergebnis“ der OB-Wahl fest dazu später mehr.

Wir waren dann auch hocherfreut als wir auch damit durch waren. Aber dann hatten wir eine Problem wir haben mehr Stimmen gezählt als es hätten sein können…… Und so mussten wir die Ortsratswahl noch mal zählen. Da waren wir aber nicht die einzigen. Müdigkeit ist eben ein echt fieser, hinterhältiger Mistkerl.

Also war ich dann ca. um Mitternacht endlich zuhause.

Mein Fazit zum Wahlhelferleben:

Es ist vielleicht nicht immer spannend, aber es macht irgendwie schon Spaß. Es ist vielleicht auch anstrengend, aber man weiß am Ende auch was man für Demokratie und Gesellschaft getan hat. Und mit den Kollegen kann man sich meistens auch ganz unterhalten und so dauert der Tag dann auch nicht solange 😉

Zu den Wahlergebnissen werde ich was schreiben wenn sie amtlich sind. Einzig zu der OB-Wahl möchte ich etwas sage.

Erstmal die vorläufigen Zahlen:

Dirk-Ulrich Mende SPD 46,1 %

Dr. Jörg Daniel Nigge CDU 45,6 %

Alexandra Martin WG 8,3%

Was sagt uns das? Genau! Ziemlich knapp 181 Stimmen Unterschied oder anders gesagt 0,5 % Stimmunterschied. Was sagt uns das noch? Genau! Es wird in zwei Wochen eine Stichwahl geben. Es bleibt also weiter spannend wer die nächsten 10 Jahre Oberbürgermeister in Celle wird.

PS: Die Wahlbeteiligung lag übrigens bei 56,2 % ein Plus zur letzten Kommunalwahl um ca. 15 %.

Demokratie tut was dafür!

Ich habe ja lange nichts mehr geschrieben Entschuldigung, gomene, sorry…..

Ich habe aber mal wieder etwas Wichtiges zu sagen. Es geht um unsere Demokratie, unser Leben und unsere Zukunft.

Bei mir sind am 11.09.2016 Kommunalwahlen und als erstes sei gesagt ich werde wählen! Warum wird sich aus dem folgenden Text ergeben.

Damit eine Demokratie funktioniert müssen viele Faktoren mehr oder weniger stimmen. Mit einem davon möchte ich mich jetzt beschäftigen dem Faktor des Mitmachens.

Damit eine Demokratie funktioniert müssen die Menschen wählen gehen und ich denke die Demokratie ist die beste funktionierende Staatsform die es gibt. Neben den Menschen die wählen gehen werden noch eine ganze Reihe weiterer Personen benötigt, die oft vergessen werden.

Dazu gehören Wahlleiter, Wahlhelfer, diejenigen die sich zur Wahl stellen und die unzähligen unbekannten Arbeitsbienen in den Parteien und außerhalb.

Diesen Personen erstmal ein riesiges Danke. Ohne euch wäre Demokratie nicht möglich!

Das ist auch der Grund warum ich mich freiwillig als Wahlhelfer gemeldet habe. Ich will einen weiteren Beitrag zu einer funktionierenden Demokratie leisten.

Wer jetzt sagt: „Warum soll ich mich für unsere Demokratie einsetzen das bringt eh nichts Gutes!“ Derjenige hat nicht verstanden, dass eine Demokratie sich nur verändert, wenn man sich einsetzt. Das man alleine nicht viel erreicht sollte in einem Staat mit ca. 81 Millionen Einwohnern eigentlich klar sein und ist auch gut so! Man muss sich organisieren zusammen tun und gemeinsam Dinge voran bringen. Und ein Stammtisch alleine reicht dazu nicht. Er kann aber eine Basis bilden in der aus Diskussion Bewegung entsteht.

Wer jetzt sagt: „Die Parteien und politischen Bewegungen gefallen mir nicht!“ Der soll selbst eine aufbauen. Über die letzten Jahrzehnte der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland sind unzählige Parteien und Bewegungen entstanden. Um jetzt mal ein paar der bekannteren zu nennen Grüne, Piraten und ja auch AfD und Pegida. Sie alle wurden von Bürgern gegründet aus dem einfachen Grund, dass sie sich nicht in anderen Parteien und Bewegungen eingebunden fühlten. Selbst die SPD ging 1865 aus dem Zusammenschluss des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins und der Sozialdemokratische Arbeiterpartei hervor die beide auch irgendwann von unzufriedenen Bürgern gegründet wurden.

Eine Demokratie kann nur funktionieren wenn man sich für sie einsetzt! Und ja das kann manchmal auch anstrengend sein. Aber es ist es auf jeden Fall Wert.  Keine andere Staatsform erlaubt eine so starke Möglichkeit zur Mitbestimmung durch die Bürger des Landes. Keine andere Staatsform lässt sich auf so einfache und friedliche Weise verändern! Und genau das muss erhalten bleiben, jeden Tag gegen Angriffe durch politische Gruppierungen jeder Art verteidigt werden und an manchen Tagen auch gegen unsere eigene Faulheit.

Zu mir Ich bin gerne Wahlhelfer, Parteimitglied, politischer Blogger und ehrenamtlich Tätiger im Bereich politische Bildung.

Die Landtagswahlen – Was haben diese Ergebnisse zu bedeuten?

Wenn wir uns die Zahlen anschauen lässt sich zuerst erkennen die Wahlbeteiligung ist gestiegen und das ist ein Grund zum Freuen. Yay!

95% der Aussagen von Politikern direkt nach einer Wahl kann man in die Tonne treten. Die ersten vernünftigen Aussagen kann man erst nach ein bis zwei Wochen erwarten. Ich würde diese Wahlergebnisse nicht als Bestätigung des Kurses von Frau Merkel sehen wie das einige Politiker vor allem aus den Regierungsparteien anscheinend tun. Ich sehe sie als Zeichen das es in Deutschland noch Mehrheiten für andere Parteien als die AfD gibt. Und ich kann die Menschen bis heute noch nicht nachvollziehen die behaupten die Parteien würden sich alle nicht unterscheiden. Man muss doch nur einmal hinsehen!

Ich hoffe meine Artikel zu den Wahlprogrammen konnten da Unterschiede aufzeigen. Aber hinsehen und lesen muss man schon selber. Das ist, ich würde nicht sagen Bürgerpflicht, aber zumindest erforderlich wenn man eine sachliche Fakten basierte Meinung haben will.

Trotzdem haben die etablierten Parteien Probleme. Ob CDU, Grüne oder meine SPD sie scheinen die Bindungswirkung auf einen gewissen Bevölkerungsteil verloren zu haben. Daran sind sie nicht alleine Schuld sondern Wähler, Parteien, Politiker, Medien usw. gemeinsam. Eine einfache Antwort gibt es nicht, es ist eine komplexe Antwort. Aber die Politiker und Parteien können ihren Teil zur Lösung beitragen in dem sie offener, ehrlicher, transparenter mit dem Bürger umgehen, manchmal gehört auch dazu, dass man sich Zeit nimmt und Entscheidungen richtig erklärt. Egal wie viel Zeit das kostet es ist notwendig, aber der Wähler muss dann auch zuhören. Aber nur Verständnis kann zur Zustimmung führen Unverständnis führt zur Ablehnung von politischen Entscheidungen.

Soviel zum allgemeinen Ergebnis, schauen wir nun in die Bundesländer.

Baden-Württemberg

Den starken Zugewinn der Grünen würde ich als Zustimmung zur Politik der grünen Landesregierung werten. Winfried Kretschmann macht auf mich den Eindruck eines Realisten und fällt damit unter den Grünen (die einige sehr lautstarke „Fundis“ haben) positiv auf. Die Verluste der CDU kann ich mir mit Landespolitik nicht erklären, allerdings habe ich ehrlich gesagt da auch nicht den Blick drauf gehabt die Jahre. Dasselbe gilt für die SPD. Die Zugewinne der FDP freuen mich als im Grunde liberalen Menschen. Sie zeigen zwei Dinge. Erstens hat Christian Lindner der FDP wieder Inhalt anstatt heißer Luft gegeben und zweitens gibt es auch in Deutschland Bedarf nach einer liberalen Partei. Die SPD gräbt das leider manchmal etwas unter währenddessen die FDP gerne den sozialen Sicherheitsrahmen vergisst. Beide Parteien müssen immer etwas gegen ihre natürlichen Neigungen gegensteuern um das rechte Maß ungefähr zu treffen.

Die starken Zugewinne der AfD lassen erkennen, dass die AfD es geschafft hat einen emotionalen Nerv zu treffen. Sie hat ihn sogar verdammt gut getroffen. Emotionen sind nicht schlecht und unglaublich wichtig. Sie können aber auch den Blick auf die Fakten vernebeln. Mit der starken AfD muss man jetzt Leben der Wähler und oberste Souverän wollte es so.

Mögliche Koalitionen lassen sich in Baden-Württemberg noch recht einfach finden. Am wahrscheinlichsten wohl Grün/Schwarz oder Grün/Rot eher für unwahrscheinlich halte ich Schwarz/Rot/Gelb.

Rheinland-Pfalz

Das Ergebnis der SPD kann man als Bestätigung der Landesregierung sehen. Die geringen Verluste der CDU kann man versuchen mit der Bundespolitik oder Frau Klöckner zu erklären. Zur AfD siehe Baden-Württemberg. Zur FDP siehe auch Baden-Württemberg. Den starken Verlust der Grünen kann ich mir nicht mit Landespolitik erklären allerdings fehlt mir auch dafür etwas der genaue Blick auf das Bundesland auch bin nicht allwissend.

Mögliche Koalitionen sind Rot/Schwarz die ich für das Wahrscheinlichste halte oder Schwarz/Gelb/Grün und naja es ist nun völlig offensichtlich was davon eher zustande kommt. Allerdings darf sich dann Frau Klöckner wegen ihren Äußerungen vor der Wahl selbst begraben. Ihre Äußerungen bezüglich Flüchtlingspolitik müssten ihr persönlich jedes zusammen arbeiten mit der ach so bösen SPD verbieten. Wir werden sehen wie konsequent sie ist.

Sachsen-Anhalt

Zuerst sei gesagt die Menschen in Sachsen-Anhalt sind nicht alle Nazis noch nicht einmal überwiegend. Trotzdem fällt der Unterschied im AfD Ergebnis massiv auf. Es gibt unzählige Erklärungsversuche von Soziologen, Politik und Kulturwissenschaftlern und die meisten treffen nur einen einzelnen Punkt zusammengefügt ergeben sie eher eine plausible Erklärung, nämlich eine ganze Anzahl an Wirkungsfaktoren. Auch hier ist es eine komplexe Antwort.

Die Wähler in Sachsen-Anhalt haben gewählt und sich damit echt einen Mist aufgehalst die einzige mögliche Koalition ist Schwarz/Rot/Grün und Dreierkoalitionen sind immer schwer zu bilden und zusammen zuhalten und durch den erhöhten Koordinierungsbedarf auch langsamer in der Entscheidungsfindung.

Fazit: Kein Weltuntergang, aber ein Zeichen das es Zeit wird sich politisch zu engagieren. Wer jetzt zuhause sitzt und sich dann beschwert und sagt „Ich habe das doch nicht gewollt“ ähm ja der hat irgendwas verpennt. Es gibt so viele Möglichkeiten, man kann Parteien beitreten, sich in ihnen beteiligen, politische Texte schreiben und veröffentlichen, im Freundeskreis diskutieren und aufklären, politische Projektarbeit leisten und und und. Und ja wir alle haben wenig Zeit auch ich arbeite 40 Stunden die Woche, mache nebenbei noch ein Fernstudium und trotzdem werde ich mich zum Kommunalwahlkampf in Celle im September bewegen und so viel dazu beitragen wie möglich. Ich weiß in was für einer Stadt, in was für einem Bundesland und in was für einem Deutschland ich leben möchte und dafür setze ich mich ein.

Persönlich finde ich es schade das es die Piraten in keinen Landtag geschafft haben. In den Parlamenten haben sich die Mandatsträger der Partei fast immer durch hervorragende Arbeit ausgezeichnet.

Mein politischer Lebensweg bisher…

Ich möchte meinen politischen Lebensweg einmal kurz vorstellen.

Ich war seit März 2012 in der Piratenpartei ca. 2 Jahre lang. Dort habe ich mich vor allem in Kommunalbereich eingebracht, in den Wahlkämpfen geholfen, Mitglied in der AG Bildung Celle und bei der Gründung des Kreisverbandes mitgeholfen.

Ich habe dann die Partei aus mehreren Gründen damals verlassen. Ein kurzfristiger und eher unwichtiger Punkt war die in den Sand gesetzte Landtagswahl, die gezeigt hat das Niedersachsen kein Interesse an den Piraten auf Landesebene hat. Allgemein hat das Interesse an den Piraten nachgelassen. ACTA war erfolgreich besiegt, Vorratsdatenspeicherung vorläufig besiegt (großer Respekt auch an Frau Leutheusser-Schnarrenberger für ihren Widerstand) und der NSA-Skandal ging irgendwie an den Piraten vorbei.

Größere Probleme hatte ich allerdings mit der Diskussions- und Kommunikationspolitik innerhalb der Partei. Bei den „normalen“ Parteien gibt es schon eine Menge Störer und persönliche Angriffe. Als Extrembeispiel lässt sich sehr gut die Niedersachsen-Maillingliste nehmen. Im Kreisverband oder im persönlichen, informellen Gespräch war die Kommunikation ganz anders. Sie war geprägt von einem offenen ehrlichen Austausch, sachlicher politischer Diskussion und bei den meisten aufgeschlossen und tolerant unabhängig von Alter, politischer Erfahrung usw.

Des weiteren hatte ich immer größer werdende Probleme mit dem sich entwickelnden Parteiprogramm. In großen Teilen ist die Piratenpartei eine sozialliberale geblieben. Für mich ist aber das außenpolitische Programm zu dünn und vor allem finde ich es etwas sehr realitätsfern, allerdings nicht so schlimm wie das der Linken. Es begreift aber nicht ganz die Wichtigkeit der deutschen Integration in internationale Strukturen wie die NATO oder die EU.

Der Austrittsauslöser war für mich dann das sich der Vorstand des Kreisverbandes wegen irgend einer Kleinigkeit zerstritten hat. Und sich dann aufgelöst hat.

Ich war dann eine Zeit parteilos auf der Suche nach einer neuen Partei viel Wahl gab es für mich nicht CDU keine Alternative, Grüne waren mir in der Außen und Sicherheitspolitik auch zu weltfremd mit Ausnahme einiger weniger Politiker (der gereifte Joschka Fischer damals, heute Omid Nouripour), die Linke war keine Alternative für mich als liberaler Mensch und die FDP steckte unter Rösler noch in einer Wolke aus heißer Luft. Ganz traue ich dem Wandel der FDP auch noch nicht aber sie ist auf einem guten Weg. Also blieb nur die SPD die für freie Marktwirtschaft, mit einem sozialen Rahmen steht. Für mich die Grundlage eines funktionierenden Staates. Ohne funktionierenden Staat keine funktionierende Demokratie siehe Weimarer Republik. Außerdem sind einige Politiker der SPD für mich echte Vorbilder vor allem Helmut Schmidt.

Und seitdem bin ich in der SPD momentan als passives Mitglied und meine politische Aktivität erstreckt sich hauptsächlich auf das Bloggen. Dabei schreibe ich möglichst parteiunabhängig und versuche vor allem zu erklären und zwischen Politik und Wähler zu vermitteln. Vielleicht werde ich auch mal wieder aktiver das wird sich aber zeigen müssen. Bis dahin gibt es aber noch viel zu schreiben 🙂